Grundbesitz für steuerbegünstige Zwecke

Grundbesitz, der nach §§ 3, 4 GrStG für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird und zugleich Wohnzwecken dient, ist mit Ausnahme der Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener der Religionsgesellschaften, grundsätzlich grundsteuerpflichtig, wenn es sich um Wohnungen gem. § 5 Abs. 2 GrStG handelt. Dies gilt sogar dann, wenn der Grundbesitz an sich und zugleich für steuerbegünstigte Zwecke gem. §§ 3, 4 GrStG benutzt wird und das gilt selbst dann, wenn die steuerbegünstigten Zwecke überwiegen. Denn die sog. „Überwiegensregel“ des § 8 Abs. 2 GrStG wird bei einer Wohnung von der spezielleren Regelung des § 5 Abs. 2 GrStG, soweit deren Voraussetzungen vorliegen, verdrängt, so dass auch keine teilweise Steuerfreiheit eintritt.

Es ist jedoch zwischen Wohnraum nach § 5 Abs. 1 GrStG, der steuerbefrei sein kann, und steuerpflichtigen Wohnungen gem. § 5 Abs. 2 GrStG zu unterscheiden:

Nach der ständigen, bewertungsrechtlichen Rechtsprechung des BFH ist unter einer Wohnung i. S. d. § 5 Abs. 2 GrStG die „Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sind, dass sie die Führung eines selbständigen Haushalts auf Dauer ermöglichen“. Es kann sich dabei aber auch um Einraumwohnungen (Appartement) handeln, sofern diese eine Größe von 20 m² überschreitet. Voraussetzung für eine Qualifizierung als Wohnung ist immer, dass sie innerhalb dieser Räume Bad, Dusche, Toilette, eine Küche oder doch zumindest eine Kochgelegenheit aufweisen, so dass die Führung eines selbständigen Haushalts auf Dauer möglich ist, und dass sie abschließbar sind.

Keine Wohnung ist daher gegeben, wenn die Räume von außen ohne Einwilligung des Bewohners geöffnet werden können, wobei auch eine theoretische Verschließbarkeit (Blindzylinder, Fehlen eines Schlosses als Brandschutzmaßnahme) nicht zur begriffsnotwendigen Abgeschlossenheit führt. Selbst das Verschließen der Haustür zu bestimmten Zeiten führt nicht zwingend zur Abgeschlossenheit der im Haus befindlichen Wohneinheit.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH handelt es sich grundsätzlich um nach § 5 Abs. 2 GrStG steuerpflichtige Wohnung (und keinen steuer­befreiten Wohnraum), wenn ein Einfamilien­haus, ein städtisches (Wohn-)Heim für seelisch Behinderte, ein (gemeindliches) Heim für schwerbehinderte Kinder oder (je nach Ausstattung) eine Unterkunft für Asylbewerber oder Flüchtlingsunterkünfte die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllen. Grundsätzlich sind selbst staatliche oder private Altenheime, Altenwohnungen oder Pflegeheime steuerpflichtige Wohnungen im Sinne dieses Wohnungsbegriffs.

Dass diese der Rechtsprechung heute nicht mehr den modernen Wohn- und Versorgungsform, etwa den Einrichtungen für betreutes Wohnen und Pflegeheimen, entspricht, ist ersichtlich. Hinzu kommt, dass trotz Erfüllung des vorgenannten Wohnungsbegriffs i. S. d. § 5 Abs. 2 GrStG von einer oft ergebnisorientierten Rechtsprechung des BFH eine Vielzahl von Ausnahmetatbestände entwickelt worden sind, um Wohnungen für verschiedenste Nutzungsformen und -zwecke eben doch als steuerfreien Wohnraum qualifizieren zu können.

Eine daran orientierte fachliche Einzelfallprüfung für die Einordnung von Wohnungen und Wohnraum etwa gemeinnütziger Unternehmen ist daher in der Regel zwingend erforderlich, mindestens aber empfehlenswert, sollen die einzelnen Befreiungstatbestände sicher erkannt und die Möglichkeit einer Steuerbefreiung richtig genutzt werden.

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